Dienstag, 31. Mai 2016

++/--0: i DAR you!

Willkommen im echten Afrika! Daressalaam ist zwar keine offizielle Hauptstadt, aber eine afrikanische Metropole sondergleichen. Wie viele Einwohner die Küstenstadt am indischen Ozean hat – man weiß es nicht. Das Netz sagt um die 4,5 Millionen. Einheimische meinen, dass es schon mehr als 6 Millionen in Dar sind. Der Verkehr gibt allen recht. Das Chaos rund um Taxis, Busse, Radfahrer und wer sich sonst noch auf die Straße traut, ist unbeschreiblich. Da läuft man doch gerne 30 Minuten zu Fuß durch die halbe Stadt zur Arbeit. Da kann man nicht nur dem Verkehr aus dem Weg gehen (oder das zumindest versuchen). Da kann man sich auch besser an der Vielfalt der Menschen erfreuen, die das Stadtbild dieser Monsterstadt prägen. Swahilis, Pakistanis, Inder und zwischendrin ein paar Weißnasen wie ich schlängeln sich an Moscheen, Hochhäusern (manche fancy, andere abrissreif) und kleinen Shops, die überall zu finden sind und von Getränken über Rasierer eigentlich alles verkaufen, vorbei. Die Menschen sind im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern, die ich schon bereist habe, fast als schüchtern zu beschreiben. Während in Südafrika wildfremde Menschen auf dich zu rennen, um mit dir über Europa zu reden, gibt es hier (noch) keine aufdringlichen Geschichten zu erzählen. Gut, es ist meine erste Woche, aber wird wohl insgesamt mit der größeren Sprachbarriere zusammenhängen. Englisch ist hier, in der Mitte des Kontinents, nur bei den jungen Leuten zu finden oder bei denen, die länger in der Schule waren als der Durchschnitt.

Bei meiner Gastfamilie ist dies der Fall. Tochter und Sohn haben durch amerikanische Einflüsse sogar einen US-reifen Akzent. Mein Betreuer indes sticht mit dem süßen Ich-spreche-R-wie-L-aus-Akzent, der in Mittel-Ost-Afrika durchaus üblich ist. Kennen wir ja nur zu gut aus „Luanda“, dem kleinen Land mit den tausend Hügeln. Was ich noch nicht kannte ist das Kwanza.tv-Studio. Nachdem der neue tansanische Präsident nämlich in guter afrikanischer Staatschefsmanier erstmal einen Haufen an Gesetzen geändert hat, darf ich jetzt statt bei einer Zeitung im TV arbeiten. Den Sinn dahinter muss man auch erstmal nachvollziehen, aber das ist mit der Unmöglichkeit das Touristen-Visum zu verlängern nur die Spitze der kuriosen Dinge hier.

Kurios sind auch die Unterschiede, wenn man beispielsweise in einem versteckten Hochhaus in einer Nebenstraße für einen Medienbetrieb arbeitet. Während ich hier zeitweise sogar Videos streamen kann, streamed in der Toilette auf der anderen Seite vom Office relativ wenig. Da steht eine 54,0 Mbit/Sekunde einem ruhigen Örtchen ohne Ruhe geschweige denn Sitz gegenüber. Afrika halt – wo sich Zukunft und Vergangenheit so krass schneiden, dass einem die Worte fehlen. Insbesondere, wenn das TV-Studio sogar schalldicht ist und die Leute hier mit Premiere und auf MacBooks schneiden. Dafür kann die Sendung nicht live gesendet werden, da ein Funkturm fehlt. Der nächste ist einige Meter weg und eine Verbindung dahin gibt's schlicht nicht. Die 30-Minuten News, die täglich produziert werden, müssen dann vom Chef persönlich via Harddrive geliefert werden. Leider wird es meine Stimme auch nicht in die Sendung schaffen, da Swahili (obwohl auch nur Bantu-Sprache) mir irgendwie nicht wirklich liegt. Ah ja, mein Fingerabdruck ist jetzt in der Software der Sicherheitstüre integriert. Very very proud of that.

Apropos unwichtige News: Ich habe gerade 271 Mails abgerufen, da in Namibia, wie in Tansania geregelter Straßenverkehr, WLAN Fehlanzeige war. Drei Monate voller Spams und mein halber Arbeitstag ist rum. In der ersten Woche ist ein krasser Einstieg wie seinerzeit an einer Grundschule in Südafrika nicht gegeben. Nach dem Mails-Checken suche ich mir was zu essen in dem Nebenstraßenchaos, wo man achtstöckige Haushäuser kaum findet. Und noch was, das gerade meinen Tag flashed wie kein anderer tansanischer Taxifahrer und dessen Fahrstil jemals zuvor: Meine Chefin Maria Sarungi Tsehai hat 184k Gefolge auf einer Seite, auf der man nur kurz Meldungen abgeben kann. Das hat doch mal was. Da werde ich doch dezent nach einem S/O fragen. Davor muss ich aber was essen …


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