Dienstag, 30. August 2016

++9: Trauminsel mit Nebenwirkungen

Es hätte so entspannt werden können. Das Setting dafür könnte besser nicht sein: Arbeit beendet, Weltreise vor der Nase und zwei Wochen auf der Trauminsel schlechthin. Aber der Sansibar-Urlaub nimmt eine unerwartete und besorgniserregende Wendung. Nach Fieber, Krämpfen und sonstigen Schmerzen heißt das Setting: Krankenhaus, Blutprobe und Hotelzimmer-Quarantäne. Die Fehlinterpretation des Hotel-Docs bleibt für immer eine Erinnerung. Sagt der Lappen: Ja, das ist Malaria. Zum Glück vertraut er seiner eigenen Hypothese nicht und schlägt die Experten im Krankenhaus vor. Nach einer Stunde Fahrt, ein paar Nadeln und verwirrten Blicken heißt die neue Diagnose nun Salmonellen. Auch nicht schön, aber weniger gefährlich. Geburtstag verbringe ich somit mehr im Hotelzimmer als am kilometerlangem Strand. Egal, geht alles wieder vorbei und the show must go on - oder so. New York up next! 

Samstag, 20. August 2016

++8: Analyse der Außenwirkung-Innenwirkung-Beziehungen auf Fähren nach Sansibar

Gefühlt alle weißen Menschen Daresalaams haben sich hier versammelt. Mit scharrenden Füßen warten sie sehnsüchtig vor der Fähre um gen Luxus zu schippern. Dabei haben es die meisten nicht geschafft das afrikanische Lebensgefühl zu verinnerlichen. Gedrängel, Panik, menschliche Tragödien. Der Weg nach Sansibar ist im Gegensatz zur Insel selbst steinig und unansehnlich. Die tansanischen Mitarbeiter an Land tragen ihren Teil dazu bei. Jeder will seinen Teil der ersten Welt abbekommen. Logisch, kostet doch das Ticket zur Business Class stolze 35 US-Dollar. Horrend! Das ist Dekadenz pur – gemessen am durchschnittlichen Jahreseinkommen eines Einheimischen.

Während um ihn herum die Welt gefühlt untergeht, versucht der Autor dieses Blogs seine gesamte Seelenruhe zusammenzunehmen und ruhig zu bleiben. Er trödelt mit Absicht in der Warteschlange, gibt sich viel Mühe alles ganz lässig zu machen und redet Mitarbeiter auf Swahili an. Es wirkt von außen wohl mehr arrogant als leger. Dem Autor ist das egal, weil für ihn darf der Stress nicht jetzt schon wiederbeginnen. Endete jener doch erst gestern Abend. Da schloss Mr Sill nämlich den letzten Arbeitstag als Praktikant in Afrika ab. Das Arbeitszeugnis schrieb er sich natürlich selbst. Es wirkt von außen wohl mehr arrogant als authentisch.

Auch wenn der Schreiberling dieser Website dieses Jahr schon durch Namibia, Botswana, das freiheitsliebende Simbabwe und Tansania tourte, beginnt sein Reise-Spektakel mit der Fahrt auf die Trauminsel (zu kitschig?) jetzt erst wirklich. Von dort geht es nämlich mit kurzem Transit in Deutschland ins Land der unbegrenzten (politischen) Möglichkeiten. Bevor eine machtgeile, rigorose und gefährliche Person das höchste politische Amt der Welt besetzt – oder doch Trump Präsident wird – muss man die USA noch schnell im „Normalzustand“ besuchen. Die Reiseroute Sansibar – München – Frankfurt – New York in 48 Stunden wirkt von außen wohl mehr dekadent als süddeutsch. Wie kann man sich als sparender Schwabe nur so hart gönnen?

Bei solch einer Mammutaufgabe vor den Augen, kann man nicht gleich im ersten Level „Chaos der afrikanischen Fährenindustrie“ die Nerven verlieren. Auch bei der Aufarbeitung des Ganzen muss man trotz übertrieben nervigen Teenager-und-Mutter-Russen auf den benachbarten Sitzplätzen die Kontenance behalten. WIE KÖNNEN MUTTER UND TOCHTER ÜBER STUNDEN HINWEG NUR SO RUMKICHERN? Das wirkt von außen doch mehr peinlich als gut erzogen. Oligarchen und das junge-Schwarze-die-nur-an-das-Geld-des-reichen-Amis-will-Duo hin oder her, die Fahrt bietet auch einige ansehnliche Highlights. In unserer, mit Luxus durchzogenen Business Class, läuft dieser Film mit Leo, wo der den Oscar für bekommt. Ein filmtechnisch fantastischer Anblick wie der Hollywood-Star vom Bären zerfleischt wird – ein Spaß auch für die jüngeren Gäste. Das wirkt von außen doch mehr verstörend als passend.

Weniger Kritik mehr Urlaubsstimmung, sollte meine Devise sein, während ich einfach Dinge aufschreibe, die mir gerade einfallen – der Leo-Film mit dem Bär ist nämlich ohne hörbaren Ton… Frechheit!11!!!1111!! Da bleibt das Luxus-Gefühl in der Business Class aber aus, Kilimanjaro Fast Ferries Ltd!

So, genug Zeit mit künstlichem Aufregen verbracht. Die Anlegezeit ist in Sichtweite und dann geht das ganze Chaos wieder von vorne los. Bitte, lasst mich einfach meinen Koffer finden… In diesem Sinne: let the journey begin…again.

edit: sitze im Hotelzimmer... n Träumchen


Sonntag, 7. August 2016

++7: Ein Deutscher spielt PokémonGo in Afrika und ihm passiert großes Unglück

She's come undone


















(beim fünften Absatz hätte ich fast geheult)

Ich blicke nach 74° Ost und mein Herz schlägt ein bisschen schneller. Leider bekomme ich aus dem völlig falschen Grund Herzrasen. Schon wieder denkt ein dahergelaufener Typ, dass ich sein Freund wäre. Und nein, ich brauche keine neue Sonnenbrille geschweige denn ein Handykabel fürs I-Phone. Ein Taxi so oder so nicht. Es ist 5:59 Uhr Ortszeit (AM) in Daressalaam und ich habe andere Dinge zu tun. Wichtigere Dinge als undurchsichtige Straßengeschäfte, bei denen ich aufgrund meiner Hautfarbe so oder so den Kürzeren ziehen werde.


„Geo-Catching“ heißt der Anlass für meinen morgendlichen Spaziergang durch die tatsächlich noch schläfrige Großstadt am indischen Ozean. Über diesem wird nämlich auf 74° Ost in wenigen Minuten die Sonne aufgehen. Deswegen steht meine Canon neben mir und wir blicken zusammen übers Meer. Nur einige Mal werden wir von joggenden Fußballmannschaften und neugierigen Geiern in unserer trauten Zweisamkeit gestört. 

She didn't know what she was headed for
Der Weg zum perfekten Ort für das kommende Foto-Setup beginnt allerdings schon gestern. Am Samstagnachmittag spaziere ich durch unbekannte Gassen und Stadtteile, blicke immer wieder auf meine Kompass-App auf dem Samsung. „74° Ost“ lautet das Ziel und während ich Strände und Straßenzüge ablaufe – und das fällt mir jetzt erst auf, während ich diesen Text schreibe – spiele ich in einem fernen Sinn PokémonGo… wobei es nicht darum geht alles und jeden zu fangen, sondern in meiner Variante gibt es nur ein Pokémon und um das dreht sich unsere Welt schon eine ganze Weile. Es ist riesig, jenes Ding und wenn man es richtig in Szene setzen will, muss man es finden bevor es sich überhaupt zeigt (oder googlen wann und wo es aufgeht). 

and when I found out what she was headed for  ... It was too late
Somit sitze ich hier am heiligen Sonntagmorgen (wobei, viele Leute hier muslimisch sind. Die haben, glaube ich, andere heilige Tage, aber egal) und warte während das Meer zu meinen Füßen sanft gegen die Mauer rauscht. Da ist das Ding. Nach minutenlangem Warten wandert die Sonne langsam über den Rand des indischen Ozeans und verschwindet wieder. Jetzt beginnt der Stress für meine treue Begleitung, weil in den Breitengraden, in denen wir uns gerade aufhalten, sind Sonnenauf- und Untergang schneller vorbei als sonst wo. Die Nähe zum Äquator also nicht nur temperatur-technisch zu spüren.




She's come undone.
Heute haben wir leider unglaubliches Pech. Für das gemeinsame Date zwischen technischem Gerät und Besitzer am Ozean wählten wir den falschesten aller Tage. Meine Schuld, ganz klar. Nur auf die Kompass-App geschaut und nicht auch noch die Wetter-App zu Rate gezogen. Dummheit. Es ist nämlich super bewölkt und das gesuchte Motiv kaum zu finden. Nach minutenlangem Bangen und Hoffen auf Besserung, machen wir uns enttäuscht auf den Weg nach Hause. 


Dort angekommen haben wir doch noch ein wenig Glück, weil wir vor dem massiven Regenschauer die heimischen vier Wände erreichen. REGEN? In Tansania? Zu dieser Jahreszeit? Jap, der erste Regentag seit Monaten. Nicht euer Ernst. Dabei wollte ich doch nur ein Foto machen. Nur ein Foto. Mehr nicht …


She found a mountain that was far too high