Donnerstag, 28. Juli 2016

++6: Jung, attraktiv, keine zu breiten Hüften

Hey DU! Ja, genau DU. DU normales, tansanisches Mädchen von der Straße. Willst DU dein Leben von einem Wimpernschlag auf den anderen verändern? Na klar willst DU das.

Quelle: girlsnotbrides
Bist DU zwischen 18 und 25 Jahre alt? Okay, zum Glück. Ansonsten wird’s nichts mit der Veränderung. Hast DU eine so stabile, afrikanische Kindheit verbracht, dass DU in deinem Alter weder verheiratet bist noch Kinder hast? Sehr gut, somit völliger Durchschnitt für diesen Teil der Welt. Bereit für dein einschneidendes Abenteuer? Ja?!

Ach so, eins noch: Englisch solltest du sprechen können. Klasse, hätte uns auch gewundert, wenn gerade DU zu dem Viertel der Schulabbrecherinnen gehörst, die nicht schwänzen, sondern beispielsweise wegen Schwangerschaft, Krankheit, Armut oder anderen Gründen nicht mehr zur Schule gehen können.

Wie groß bist du eigentlich? Ganz durchschnittliche und unauffällige 1,70 Meter sollten es schon sein, um dein Leben zu verändern… am besten sogar noch ein kleines Bisschen größer als das. Perfekt, dann steht deinem großen Moment nichts mehr im Wege. Kannst DU im Bikini mit deiner makellosen Figur überzeugen? Nichts unkomplizierter als richtig dünn und europäisch auszusehen, ganz genau.

Was sind schon Gene oder kulturelle Unterschiede? Es heißt ja nicht ohne Grund DAS Schönheitsideal – da gibt es keine Mehrzahl.

Wie sieht es mit Waxing aus? Machst DU das ebenfalls regelmäßig? Ist doch für eine normale, junge, afrikanische Frau ein Usus, nicht wahr? Abendgarderobe hast DU genug? Super, dann bist DU bereit für unser großes Event, das natürlich ganz typische Tugenden aus dem östlichen Afrika widerspeigelt. Dort wirst DU, Normalste, Durchschnittlichste und Repräsentativste von allen tansanischen Mädchen, mit anderen Normalos um die glänzende Krone kämpfen. Eine Krone, so normal, sie wird unter der Schirmherrschaft des nächsten amerikanischen Präsidenten vergeben. Wenn das nicht vertrauenserweckend ist…

Quelle: Statista: BIP Tansania
DU musst allerdings bei deiner tragenden Beantwortung von wichtigen Fragen ohne Teleprompter auskommen. Dafür vor ganz durchschnittlichen Menschen, die für den Eintritt zu unserem Event – zu deinem großen Moment – nur 50$ bezahlen. Ein bisschen vom niedrigsten durchschnittlichen pro-Kopf-Einkommen der Welt muss auch mal drin sein. Logisch! Insbesondere, wenn sich das Leben einer typischen Einwohnerin vom einen Moment auf den anderen ändert. Der Wahnsinn! Diese Person kannst DU sein. Worauf wartest DU, alltägliches Abbild der Frau im östlichen Afrika, noch?

Dein neues Leben ist nur eine Krone entfernt… und ein paar Schönheitskriterien… und ein wenig Schulbildung… und noch ein bisschen hiervon und davon… ach, egal. Deine Hüften sind eh zu breit, die entsprechen nicht der Miss-Universe-Norm. Einen schönen Tag noch. 

Facebook: MissUniverseTanzania

Montag, 18. Juli 2016

++5: Just some pics of Dar

Ein Haufen an Bildern. Frei nach dem Motto: weniger ist mehr und man bekommt, was man sieht - oder so ähnlich. Daressalaam bietet insbesondere nach Sonnenuntergang einige schöne Plätze für Besitzer einer guten Kamera, die länger belichtet als ein Vine.


















Donnerstag, 14. Juli 2016

#tbt: Schwäbisch-afrikanische Probleme


Als Schwabe in Afrika hast du’s nicht immer leicht


Eindrücke aus dem Okavango Delta
Ganz zu Anfang möchte ich Folgendes loswerden: Dieser Kontinent ist der Hammer. Die Menschen inspirieren. Die Landschaften rauben den Atem. Die Erfahrungen sind prägend. Aber, und das ist ein sehr springender Punkt, auf dem „schwarzen Kontinent“ läuft alles ein bisschen anders als bei uns Zuhause im Ländle. Sehr zum Leidwesen meines schwäbischen Migrationshintergrunds, der mir hier unten im Süden Afrikas schwer zu schaffen macht. Als hartnäckig arbeitender Ulmer Praktikant bei der deutschen Zeitung in Windhoek, heißt es am Wochenende nicht „schaffa, schaffa, Häusle baua“, sondern „schaffa, schaffa, Namibia erkunda“. Dann fangen die Probleme an.

Sparsamkeit kann man nicht walten lassen, wenn man durch die Gegend tourt. Da muss wohl oder übel der Bausparvertrag ruhen und die durchgelegene Matratze nach den letzten namibischen Dollars durchsucht werden. Sind diese gefunden, geht am Tag der Abreise endgültig der Schwabe in mir durch. Pünktlichkeit habe ich eh schon lange abgeschrieben, aber von einem europäischen Reiseveranstalter hätte ich zumindest eine Verspätung von unter einer Stunde erwartet – auch in Afrika. Auch, wenn man unsere Wohnung nicht gleich findet. In dieser Weltstadt Windhoek, die pulsiert wie das Nachtleben in Börslingen. Und den Schlafsack muss man – Frechheit – noch dazu
Windhoeks schöne Seiten
mieten. Kurz überlege ich, mich auf mein schwäbisches Rückgrat zu verlassen und auf dem Boden des Zelts ohne Zusatzangebote zu schlafen. Ich gebe nach und wühle zähneknirschend im Geldbeutele. „Zum Glück steht der Wechselkurs gerade gut“, denke ich süddeutsch.

Auf der anderen Seite lohnt sich jeder Cent der Reise. Namibia, Botswana und Simbabwe – wann kommt man da mal wieder hin? Fast schon unbeschreiblich. Löwen in freier Wildbahn zu beobachten, hat halt ein bisschen mehr Flair als das Getier auf der mittleren Kuppenalb. Eine Fahrt durch das Okavango-Delta mit den traditionellen Mokoros ist was anderes als mit dem Schlauchboot auf der Schmiech zu schippern. Mit dem Helikopter über die Victoriafälle – ein Weltnaturerbe der UNESCO – zu fliegen, hat kurzzeitig echt mehr Unterhaltungswert als das Besteigen des höchsten Kirchturms der Welt.

Once in a lifetime - Victoria Falls
Dennoch vermisse ich Dinge aus der süddeutschen Heimat in der afrikanischen Wahlheimat. Zum Beispiel diese „alemannischen Teigwaren in länglicher Form“. Erschreckend aber wahr, das versuchen die Deutsch-Namibier schon seit Jahren und bekommen es nicht hin. Trostpreis gibt’s dennoch, da die namibischen Einwohner mit deutschen Wurzeln den Unterschied zwischen Knöpfle und Spätzle verstanden haben. Trotzdem ist das schwäbische Teig-Herz auf der Speisekarte tief verletzt. Den Chinesen, die allen Klischees rechtgeben und überall knipsen wie in der Ulmer Altstadt, schmeckt zumindest die Schweinshaxn. Diese hat es in Namibia ebenfalls auf die Liste der kulinarischen Nachwirkungen der Kolonialzeit geschafft. Helles Bier, das glänzt wie flüssiges Gold, allerdings nicht. Schade drum. Dafür aber Jägermeister. Den Kräuterlikör trinken die Namibier mit großem Stolz. Aber solange das Wetter und der Wechselkurs gut bleiben, kann ich mich auch damit
irgendwie arrangieren.