Mittwoch, 25. Februar 2015

SfM: Mini-Erzählung - Armut in Magdeburg

Die Nacht in Magdeburg ist kalt, bitterkalt. Das Bündel eines Menschen liegt in zerfetzten Klamotten auf dem Boden. Sein Name ist Zahid. Er flüchtete vor dem Krieg. Sein Land versinkt im Chaos, während er mit der winterlichen Kälte kämpft. Man schmuggelte ihn nach Deutschland. Job fand er keinen.

Jetzt liegt er im Dreck, hungrig und sich sehnend nach Hilfe. Er träumt von einem besseren Leben. Lebt für den Sonnenaufgang.

Seit seiner Ankunft in Deutschland, ein paar Tage zuvor, hat er nichts gegessen. Familie und Freunde musste er zurücklassen. Geld würde er an die Verwandten schicken, wenn er Arbeit finden würde. Ahnungslos irrte er durch die Straßen dieser neuen, unbekannten Stadt. Hilflos unter Fremden, die seine Sprache nicht sprechen. Fand die Dinge, nach denen er suchte, nicht.

Noch Stunden bis zum nächsten Morgengrauen.

Es regt sich etwas in seinem Blickfeld. Zwei Schränke bewegen sich taumelnd durch die Dunkelheit. Ihre Stimmen zerfetzten die Kälte und schrecken Zahid auf. Er erinnert sich an seine letzte Begegnung mit ähnlichen Hünen. Diese haben ihn in unverständlicher Sprache angeschrienen. Er wusste sich nicht zu helfen als sich aus dem Staub zu machen. Jetzt kauert er in der Ecke. Beobachtet gespannt das torkelnde Duo, das sich seiner Hausecke nähert.

Sie scheinen sich zu unterhalten. Gelächter dringt an Zahids Ohren. Regungslose Anspannung durchdringt seinen Körper. Wie soll er sich verhalten? Kann er diesen Menschen seine Lage klarmachen. Sind sie bereit ihm zu helfen? Verstehen Sie seine Probleme?

Er steht auf. Weiß nicht warum, er tut es einfach. Er läuft aus seiner dunklen Ecke auf die Beiden zu. Er will ihnen begegnen, sehnt sich nach etwas, was er selbst nicht beschreiben könnte. Die Männer bleiben sofort stehen. Sie funkeln ihn aus einigen Metern Entfernung an.

Zahid hat das Duo fast erreicht. Hilfesuchend streckt er die Arme aus. Kurz vor seinem Ziel läuft er gegen eine Wand. Der eine hält ihn mit ausgestrecktem Arm zurück.

Mit der Kraft eines Elefanten wird Zahid zurückgedrängt. Er stolpert nach hinten. Die beiden Schränke lachen. Sie setzten sich wieder in Bewegung. Mustern seine Erscheinung und gehen weiter. Er verschwindet mit seinen Problemen wieder im Schatten. Wartet auf Besserung und schafft es nicht der Kälte zu entkommen. Er kauert sich in seine Ecke, in seinen Schlafplatz.


Der Morgen bricht an. 



Freitag, 13. Februar 2015

Radiostimmen #2 - Seemannsgarn

Yo-ho-ho und Ahoi, ihr Landratten! Ich spinne euch heute ein Seemannsgarn, das sich wahrlich gewaschen hat. 


Es geht nicht um meine Zeit als kleiner Matrose, in der ich noch eine Sprotte war und öfters Kielholen musste. Nein, es geht um die Geschichte, als ich fast von der Planke gejagt wurde.

Seiner Zeit schipperten wir durch den Pazifik. Weit weg von Zivilisation und 3G-Internet-Empfang. Da die Besatzung, wegen der schlechten Verbindung, nichts auf Instagram oder twitter posten konnte, begann nach Tagen der Internetabstinenz die nicht verhinderbare Meuterei. Die Truppe hatte ordentlich den Klüver hängen!

Ich, in meiner Rolle als Internet-Verwalter, kam mit der WLAN-Administration gar nicht mehr hinterher. Schließlich fielen mir fast die Klüsen aus dem Kopf. "Internetverbindung nur noch begrenzt möglich!" Argh!!! Im Schweinsgalopp fand ich mich am Bug des Schiffes wieder. Die Tinder-süchtige Meute hinter mir, bereit mich für mein Versagen von der Planke zu jagen.

Am Rande vom Brett, das das Leben für mich bedeutete, blickte ich in das undurchdringliche blau des Ozeans. Ich schloss meine Augen und bereitete mich vor Davy Jones' Truhe für den Rest der Ewigkeit zu besuchen.

Würde ich das nächste Opfer der Bild-App-Nutzer werden? Erst mein geliebter Kapitän, der ein Freibeuter erster Güte war. Nun ich, der Dublonen-Sammler aus Schwaben ...

Einen Haufen von Entermessern im Rücken, sprach ich das erstbeste Gebet, das mir in den Sinn kam:

Fußball unser, der du bist auf dem Felde
geheiligt werde dein Übersteiger
dein Weitschuss komme
dein Traumtor geschehe, 
wie in Wembley, 
so in einer kalten 
regnerischen Nacht in Stoke. 

Unsere tägliche Pressekonferenz gib uns heute. 
Und vergib uns unsere Schwalben, 
wie auch wir vergeben den gekauften Schiris. 
Und führe uns nicht zum FC Bayern, 
sondern erlöse uns von Sepp Blatter. 
Denn dein ist das runde Leder
und die Schusskraft und das Zlatanieren
in Ewigkeit ...


Doch plötzlich erhob sich eine Stimme aus dem Off. Ein Trunkenbold, niemandem bekannt, hielt einen unfassbaren Monolog und ließ das wahrhaft Böse aus sich heraus. So etwas Räudiges in der Aussprache hatte noch niemand je zuvor gehört. Was ihn dazu veranlasste? Darum spinnen sich Legenden bis zum heutigen Tage.




Die Stimmung auf dem Kahn schlug sofort um. Wer mit solchem Charisma den "Joker" zitieren konnte, musste neuer Kapitän werden. Das was auch die Meinung der Comic-verliebten Crew. Ich nutzte die Gelegenheit der Verwirrung und der Lobpreisung um meinen Hintern aus der Schusslinie zu bringen.

"Beim Klabautermann! Einen Moment mal Matrose," schallte es über das Puppdeck. Versenk' mich doch! Der neue Kapitän hatte meine Wenigkeit nicht vergessen. Was wollte er nur von mir?

Captain Nelson Stinson, wie er sich nannte, wurde in Amerika geboren, hatte keine Ahnung vom deutschen Finanzsystem und benötigte meinen Rat. Aye, aye Käpt'n! Da schleime ich mich doch gleich ein.

Ihm war nämlich mein besonderer kultureller Hintergrund bewusst und frage mich nach Möglichkeiten einen Bausparvertrag abzuschließen. Durch meine einmaligen Kontakte in die schwäbische Heimat war es nur mir möglich ihm unglaubliche Konditionen anzubieten.

Da er verstand was er an einem guten Schwaben wie mir hatte, ernannte er mich sofort zum Jack o' Coins, dem Zahlmeister oder auch Quartiermeister genannt. Ich ging in meiner Rolle als geiziger Schatzmeister natürlich auf. Nachdem das Schiff wieder klar gemacht wurde, der neue Kapitano musste dazu nicht mal mit der Wimper zucken, machten wir uns auf nach Nordamerika.

In den USA tauschten wir die unfähigen Matrosen, die nichts außer Pegida-Gedankengut im Kopf hatten, einfach aus. Die neue Crew bestand nun aus Offensive Linemen, breit wie ein Biberschwanz ... oder so, waren sie. Somit standen Anglizismen auf 'm Kutter an der Tagesordnung und seit jeher nennt man mich nur noch "Jay - tha Quartermaster".

Eines ist nach dieser Geschichte sicher: Falls es irgendwann wieder zur Meuterei kommt, stehe ich hinter meinem Captain wie die Magdeburger Fußball-Fans hinter ihrem FC. Er hat mir das Leben gerettet und somit schulde ich ihm meines.

Kann natürlich sein, dass wir durch schlechtes GPS-Tracking irgendwo kentern, aber das wussten wir zu verhindern ... bis jetzt ... somit auf ins nächste Abenteuer ... in fernes Gewässer ...

.. drei Segel in den Wind, Anker lichten und ne Handbreit Wasser unterm Kiel!


Unbekannte Orte zu nicht bekannten Zeiten -
Der Captain und sein Quartermaster auf ihrer wilden Fahrt durch das Studentenleben













Random Note:
Unser Video schaffte es sogar in die mopo24 - Qualitätsjournalismus hin oder her... besser 'ne Publicity als keine!