Montag, 13. April 2015

Timing - Oh, du wundervolles Afrika

Timing, oder auch die zeitliche Abstimmung von Handlungen - läuft im Alltag manchmal gut, manchmal schlecht - aber immer irgendwie magisch, wenn das Timing einem einen Strich durch die Rechnung macht oder, Kehrseite, die Rechnung verschwinden lässt. Einige sagen zu perfektem Timing "Zufall" oder auch "Glück". Wie wäre es mit "Vorbestimmung", um einen Begriff aus einem Feld aufzugreifen, das mir verschlossen geblieben ist und wohl auch bleibt.  

Aber genug der philosophischen Denkanstöße, dieser Blog-Eintrag ist die Zusammenfassung meiner vier Wochen im schönsten Land der Welt, die durchzogen waren mit Timing, gut wie schlecht. 


Gutes Timing, oder "Glück", geht dem gesamten Trip voraus. Die Flüge um diese Zeit des Jahres sind unverschämt billig; eine vertraute Person, auf die ich mich blind verlassen kann, ist schon in Südafrika; mein ehemaliger Kollege aus der Schule hat keine großen Pläne für die gesamte Zeit und ist bereit mich bei ihm aufzunehmen (wie sich später herausstellt bei freier Kost und Logi - zurückzuführen auf die beispiellose Gastfreundlichkeit der Menschen in Afrika); zu Beginn meines Urlaubs sind noch keine Schulferien in South Africa, was bedeutet, dass meine, jetzt ein Jahr älteren, Schüler in der Schule sein müssen und dass das Reisen umso einfacher ist.


Stichwort "Schule": Zurück in der zweiten (oder ersten?) Heimat, komme ich nicht an der Bert's Bricks Primary Farm School vorbei. Diese Schule in Potchefstroom, Südafrika, hat mir (und das ist meine persönliche Meinung) wichtigere Dinge vermittelt als mein Gymnasium in Deutschland. Zurück am geliebten alten Arbeitsplatz komme ich in den Genuss von Dingen, die nur Mitarbeiter der Schule wirklich zu schätzen wissen.



Es klingt zu trivial, aber ja unsere Kids freuen sich wie schwarze Schneekönige (gibt es die überhaupt?), wenn sie einmal ohne Schuluniformen zur Schule kommen dürfen. Die Morgenansprache der Lehrer geht in Gesang und Tanzen unter - die Schule gleicht einem Tollhaus!


Nach einem Tag ohne Stress und voller Freude, folgt für unsere Lieblinge der Ernst des Lebens. Die Klausuren des ersten Quartals stehen an.


Warum ich dem PC den Grund für sein
Herunterfahren erklären muss
... bleibt mir schleierhaft. 
In unserem Fall jene Klausuren, die Itumeleng und ich am Abend davor, chaotisch wie immer, aufgesetzt haben. Gutes Timing für meinen alten Kollegen, da ich durch meine hochklassigen technischen Kenntnisse (Abgenickt vom Wochnik!) die Arbeitsschnelligkeit und Effizienz von "afrikanisch" auf "wahrhaft deutsch" anhebe.

Wir erfüllen unseren Teil in time ... jetzt liegt es an den Schülern mit brillanten Argumenten und logischer Struktur zu punkten. (Erkennt man hier schon meine Intention, ironische Ansätze zu schaffen?)


James gönnt seinen Gehirnhälften eine
wohlverdiente Pause ... seinen Nachnamen
wollte ich unkenntlich machen, aber das
hat er mit Bravur selbst hinbekommen. 

Später: Um die, bei mir, über 13 Jahre Schulzeit angesammelte, Phobie vor Schularbeiten zu bekämpfen, gebe ich mich dem Korrigieren der Klausuren in "Natural Science" hin. Getrieben von der Unfairness, die mir im Gymnasium angetan wurde, korrigiere ich wie ein in die Jahre gekommener Erdkundelehrer, der nur noch auf seine Rente wartet. Schnell wird mir Folgendes klar: Dieser Notenschlüssel macht in diesem Teil der Erde wenig bis gar keinen Sinn. Einige Extrapunkte und viele zugedrückte Augen später hat auch der schlechteste Schüler der Grade 6 keine Nullnummer geschrieben. Ein Haufen Schüler bleibt, trotz meiner unendlichen Güte, dennoch unter der magischen Punkte-Grenze. Nicht bestanden, heißt es dann, nicht einmal 20 der möglichen 50 Punkte, erreicht. Shame on you! Highlight des Misserfolges ist James. Er schafft es, sein Hirn komplett auszuschalten und sagenhafte 2 Punkte zu schreiben (und ob "schreiben" hier der richtige Ausdruck ist, bleibt verhandelbar).


Apropos Pause. Die genehmigte ich mir nach dem Klausurenstress ebenfalls. Immerhin bin ich ja kein offizieller Volontär mehr, sondern mehr Pauschaltouri als Halb-Südafrikaner. Ab in Richtung Küste hieß also der Plan. Dort machte das Wetter mir und meiner township-bound Reisepartnerin das Leben schwer. Timing hierzulande nicht so gut, weil das Sonnen am Strand in und um St. Lucia mehr einem Calima glich als den Bildern im Reiseführer. Was an der Küste des indischen Ozeans dem Reiseführer entsprach, war die Nilpferd Safari im Abendrot. Dort gelang es mir dagegen nicht, das zu erstrebende Bild eines gähnenden Nilpferdes zu knipsen. Ich fühlte mich zeitweise wie dieser Fotograf in dieser komischen Kindergeschichte, die irgendwie keine Moral zu haben scheint. Da stimmte das Timing zwischen Nilpferd und mir wahrlich nicht.

Glücklicherweise fand unsere, global bunt zusammen gemischte, Reisegruppe dann doch noch eine fotogene Hippo-Familie. Die schlafenden Nilpferde, überrumpelt und aus Platzgründen unfähig unterzutauchen, um sich vor den gezückten Linsen der Pauschaltouris verstecken zu können, gaben ein super Motiv her. Wutentbrannt über diese Frechheit kamen die gefährlichsten Tiere Afrikas gen Nachts in die Stadt, um ein persönliches Statement abzugeben, wie unzufrieden sie mit ihrer Vermarkung sind. Da ich diesen Text schreiben kann, sieht man, dass ich den Angriff der negativ gelaunten Nilpferde überlebt habe ...


"Tauch' doch auf, du Penner!"
Friedliche Familientiere diese Flusspferde? 
Nicht immer! Invasion zweier Tiere in der Stadt. 


... ach ja ... überleben ... da war doch was ...


Where we at tho? 
Nach Nilpferden und Strand ging unsere, noch, muntere Reise durch Südafrika weiter in Richtung Norden. Kurzer Abstecher im Uhlhulwe-Nationalpark. Dort bekamen wir allerdings "nur" Elefanten, Nashörner, Giraffen und Zebras zu Gesicht. Die großen, schönen und mächtigen Katzen blieben Fehlanzeige! Nach vier Stunden Safari stellte sich unser nächstes Reiseziel zeitlich und vor allem räumlich als unerreichbar dar. Die Drakensberge waren von hier bei Tageslicht nicht mehr zu erreichen. Und, wie fangen alle schlechten Horrorfilme an? Richtig, nach Sonnenuntergang vor einem geschlossenen Backpacker mitten im Nirgendwo. Das geschlossene Gate, hinter welchem drei bissige Hunde ihrer Missgunst freien Lauf ließen, verwehrte uns den Zugang zur verdächtig unbeleuchteten Rezeption. Infos auf der Homepage? Fehlanzeige! Klingel? Fehlanzeige! Mitten in der Nacht die Dirt-Road zurück fahren? Fehlanzeige! Das ist immer noch meine Kreditkarte, die da auf vier Rädern durch KwaZulu Natal gurkt.

Kurz vor Überschreitung der Schwelle zur Verzweiflung fanden wir doch telefonisch Anschluss zum Besitzer. Der Eigentümer, deutlich verwundert über die späte Kontaktaufnahme, wies daraufhin, dass seine Unterkunft in dieser Reisesaison noch nicht eröffnet ist. Er ist abhängig von einheimischen Touristen und öffnet deshalb nicht vor Schulschluss. Schlechtes Timing? Nein, Glück im Unglück! Weil wir ihm wohl sympathisch und verzweifelt erschienen öffnete er nur für uns sein Etablissement. Anfang einer modern(d)en Weihnachtsgeschichte auf dem schwarzen Kontinent im südafrikanischen Herbst?

Modernd ist das Zimmer, welches uns angeboten wird, auf jeden Fall. In dem Kabuff steht zudem die Luft wie Adam Hall bei seinem legendären Slam Dunk, bei dem das Bild nicht angehalten wurde.

Heute gibt's erstmal keinen Luxus. 
Das schleichende Gefühl hier stimme etwas nicht, geht mir in diesen Momenten nicht aus dem Kopf. Beim Blick in das Gästebuch erschaudere ich noch mehr. Der letzte Gast besuchte den Backpacker im September 2014. Die letzten Worte des Rezensionsbuches lauten: "We wished that we could have stayed longer!" 'Wir wünschten, dass wir hätten länger bleiben können.' Mein Kopf spielt verrückt. Wo bleiben können? Auf der Erde, lebend, oder im Backpacker, wohnend? "Iss ja nichts aus dem Kühlschrank, auch wenn die Speisen unglaublich lecker aussehen", sage ich mir.

Ich bin sicher, überall lauern Fallen des Backpackerbesitzers (welchen ich aus Datenschutzgründen nicht nennen darf). "Okay, egal", denke ich der Müdigkeit nachgebend, "Türe abschließen, schlafen und dann nichts wie weg!" Die Türklinke noch in der Hand, realisiere ich erst nach Sekunden, was mir da gerade passiert ist. Die Pforte hat sich ausgehängt und steht frei schwebend neben mir. Der große Beschützer entzäunt und nutzlos. Türe abschließen augenblicklich zur Fehlanzeige geworden!

Die Angst wiegt mich somit in den Schlaf. Von diesem schreckte ich immer wieder auf und frage mich, warum ich so schweißgebadet bin. Gut, über 35 Grad im Zimmer ist eine logische Erklärung ... aber was ist schon logisch?

Als die südafrikanische Sonne endlich aufgeht, erfreue ich mich meiner Lebendigkeit und fahre, den komischen Backpacker im Rücken, mit mehr Elan denn je in den (meiner Meinung nach) schönsten Teil des Landes: Die Drakensberge 

Blick vom Gelände der Amphitheatre Backpackers Lodge  auf die nördlichen Drakensberge


Im atemberaubendsten Backpacker der südlichen Hemisphäre angekommen, geben wir uns der Planung des Fühle-dich-doch-mal-wie-ein-Pauschaltouri-in-einem-der-ärmsten-Länder-der-Welt-Teams hin. Lesotho heißt das Ziel der Tour am nächsten Morgen. Das Wetter ist am Tag unserer Ankunft allerdings alles andere als wanderwürdig. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und so sitzen die Gäste des Backpackers am Abend in gemütlicher Atmosphäre zusammen, lauschen dem Grollen des Donners und nippen zufrieden an ihrem Cider.


Impression kurz vor der Grenze von Südafrika zu Lesotho 

Wandern in Lesotho: Mit solchen Eindrücken sein Geld wert. 

Typische Basotho-Rondavels im Schatten der Berge, können auch Wartezimmer traditioneller Heilerinnen sein. 

Wie man den Bildern entnehmen kann, hatte Petrus doch Einsehen und ließ den Himmel am nächsten Tag in Königsblau erstrahlen. Die Reise ins höchste Land der Welt, gemessen am tiefsten Punkt des Landes, (wie auch immer die da drauf gekommen sind ... na ja wenigsten haben sie sich einen Slogan zugelegt) war landschaftlich sehr wertvoll, gesundheitlich wenig aufschlussreich, da die Sangoma keine ihrer Geheimnisse rausrücken wollte. Am Ende war dieser Trip für Menschen geplant, die in diesem Teil der Welt Urlaub machen und nicht für Personen, die mehrere Monate hier gelebt haben. Das erklärt auch, warum das, in die Jahre gekommene Ehepaar aus Holland am meisten Spaß am Besuch der Primary School hatte und nicht am Wandern.

Schüler in Lesotho - mehr oder weniger technikbegeistert 



Ich sah hier nur einen Haufen Arbeit. Diese Schule braucht dringend Volontäre, da sie nicht einmal einen Stromanschluss hat. 9 Stunden verbrannte Haut später war auch dieser Tag im Paradies Geschichte.


Neue Szenerie - Royal Natal National Park: Blick vom bekannten Devil's Hoek ins Tal 

Die nächsten Tage kurz narrativ zusammengefasst, da ich im Seminar "Gestaltung von online Medien" lernen durfte, dass meine Blog-Einträge, für die ich-finde-Twitter-schon-zu-textlastig-Leserschaft, zu lang sind:

  • Wandern auf eigene Faust im Royal Natal Nationalpark (Devil's Hoek - Bild oben)
  • Fahrt zum verschlafenen Künstlerörtchen Clarens (ich suche dort verzweifelt nach einem Warzenschweinzahnschlüsselanhänger, finde aber nur Tassenuntersetzer) 
  • Zurück in die Heimat nach Potch (dort - Timing - steigt gerade die fette Geburtstagsparty meines besten Freundes aka südafrikanischer Ziehvater)
  • Bei meinem Versuch mich auf dem Golfplatz in Potch als bekannter Journalist auszugeben, scheitere ich und lande beim Fundraising des Rotary Club Potchefstroom. Die laden mich zur Eröffnung eines Kindergartens im Township Ikageng ein (Oh, welch Zufall, dass dieser vom DSJW und weltwärts gesponsert ist und es von deutschen Volontären nur so wimmelt). Den Rest des Tages verbringe ich auf dem Golfplatz, wo der Rotary Club Spenden sammelt. Ich muss mir dort unterirdische Golf-Schlägerwahl und äußerst unkonventionelle Schungrhythmiken anschauen. Läuft aber bei mir, da ich für Essen und Trinken nichts ausgebe. Die Menschen vom Rotary Club wissen halt wie man Schwaben glücklich macht  
  • Real Madrid verliert gegen den FC Barcelona und ich mache mich im Refiloe Pub durch mein engagiertes Fantum zur Lachnummer
  • Ich vergesse meinen schwäbischen Migrationshintergrund und kaufe in einem Anflug von YOLO-und-ich-habe-doch-noch-ein-bisschen-Geld-im-Beutel-Mentalität die halbe Mooi Rivier Mall leer 
  • Die letzten Schultage bin ich wieder in der Schule, versuche sprachliche Barrieren zu überwinden, muss allerdings feststellen, dass Setswana und Deutsch nicht wirklich zusammenpassen. Auch wenn meine Schüler sich mit mir große Mühe gegeben haben, aber bei diesem Beispiel verstehe ich nur das erste Wort: 



Letztes Kapitel: Soweto und das liebe Wetter

Mal wieder sitze ich auf einem Fahrrad. Mal wieder fahre ich durch das bekannteste aller Townships. Nur dieses Mal ist alles ein bisschen verschieden, verglichen mit dem ersten Mal hier. Ich blicke hinter mich und sehe die mit ihrem Fahrrad und Terrain kämpfenden Mitfahrer. Ich kann nicht anders als zu lachen. Das halbe Bert's Bricks Lehrerteam kämpft sich auf dem Drahtesel durch Soweto. Schwarze, als auch weiße, alles Lehrende, Südafrikaner sind dem Ruf von Lena, meiner inspirierenden Nachfolgerin, gefolgt.

Jetzt fahren wir, der eine souveräner als die andere, unserem Guide hinterher. Halten in der Vilakazi Street, vor dem Orlando Stadium, am Hector Pieterson Memorial und bewundern die Soweto Towers. Unsere Gruppe, so verschieden die Lebensgeschichten doch sind, verbindet eines: Die Liebe zu diesem Land und die Freude, dass es heute so viel besser dasteht als noch vor knapp 20 Jahren.

Wir Deutschen finden hier einen Ort der Inspiration, der uns (behaupte ich jetzt einfach) zu besseren Menschen gemacht hat. Die Schwarzen sehen den Ort, an dem ihre Befreiung den Zündfunken fand, per Bike in einem komplett anderen Licht. Die Weißen bekommen zu spüren, dass die Einwohner der Townships alles andere als feindselig eingestellt sind und alles rund um die Blechhütten nicht das ist, was das schreckliche Vorurteil sagt. Schade nur, dass es eine deutsche Volontärin braucht, um diesen Trip zu veranstalten, da die Menschen mit ihrer Beziehung zur Vergangenheit noch nicht so weit sind, um selbst auf so etwas zu kommen.
Links: Orlando Stadium; Heimat meiner geliebten Orlando Pirates
Bildmitte: Die Soweto Towers

Ort des Anfangs vom Ende der Apartheid: Hector Pieterson Memorial

Heimat zweier Friedensnobelpreisträger: Die Vilakazi Street
Extreme treffen auch in Soweto aufeinander: Blechhütten und leerstehende Regierungsgebäude
Das Wetter im Süden von Johannesburg ist an diesem Tag im Übrigen traumhaft. Es hat die letzten 5 Tage fast komplett durchgeregnet. Selbst bei unserer Ankunft ist der Himmel am Weinen. Aber in der Sekunde, in der sich unsere (und dieses Mal auch hautfarblich gemischte) Reisegruppe in Bewegung setzt, hört es urplötzlich auf zu regnen und Soweto erstrahlt im Licht der südafrikanischen Herbstsonne. #perfektesTiming


Mal wieder stehe ich vor der in Orange angemalten, Achterbahn und frage mich, in welchem Land ich bin. Mal wieder hört man das Gekreische von Hunderten durch die Luft zischen. Erklärung? Kurz vor der Heimreise gönne ich mir Spaß in "first-world-style". Wieder ist der Ort der gleiche wie zwei Jahre zuvor, aber die Reisegruppe ist erneut verschieden. Letztes Mal war ich mit den Schülern der Bert's Bricks hier und 2015 mache ich mich privat auf die Suche nach Adrenalin. Der Eintritt in den Gold Reef City Theme Park ist, im Vergleich zu Europa, erschreckend gering. Dennoch können sich nur die gut betuchten Einwohner Südafrikas den Trip in die ehemalige Goldmine in Johannesburg leisten. Hier trifft sich die jung-gebliebene Elite aller, in Südafrika angesiedelten Völker. Meist gleicht die, im Vergleich zu Europa erschreckend kurze Schlange vor den Fahrgeschäften, einem Catwalk. Sehen und gesehen werden, beim munteren Achterbahnfahren - so scheint es - ist wichtiger Bestandteil des Gesamtpakets.
Unwirklich wirklich: Die Anaconda wie aus der Werbebroschüre
Nach 4 Stunden Loopings, Kurven und Gekreische von 12-Jährigen knurrt dann doch der Magen und in netter Dreisamkeit sitzen zwei Deutsche und ein Südafrikaner in einem der Restaurants des Parks. Draußen beginnt, im Moment der Bestellung drinnen, der Himmel den restlichen Besuchern auf den Kopf zu fallen. Es gießt, wie es nur in Afrika schütten kann. Wir sitzen gemütlich bei Burgern und Eis. So lässt sich der Tag ausklingen. #perfektesTiming


Fazit des Reisenden: Klar, hin und wieder musste ich während der vier Wochen auch schlechtes Timing hinnehmen, nicht alle Tage waren von Perfektion geprägt. Beispielsweise als ich im Pro-Shop (darf man ihn so nennen, da er alles andere als "professionell" ist?) verzweifelt nach Golfschlägern für Linkshänder suchte. Der zuständige (weiße) Mitarbeiter machte mir klar, dass zufälligerweise (glauben wir ihm das?) die letzten Lefty-Schläger verkauft wurden. "Erst vorgestern oder so." Über die Probleme der Linkshänder echauffierte ich mich schon an anderer Stelle, deswegen lasse ich das hier bleiben.


Nichtsdestotrotz eine phantastische Reise, die ich da wieder machen durfte. Viel erlebt und noch mehr gelernt. Mit Menschen Zeit verbracht, die inspirieren, weil sie immer mit einem Lächeln durchs, öfters auch mal schwere, Leben gehen.

Weiterhin hat mir die erneute Reise ins Land meines Herzens eine essenzielle Quintessenz gelehrt. Ich habe, und das klingt wie ein Oxymoron, durch das Zurückkehren Abstand gefunden.


Zerfraß mich der Wunsch nach Heimkehr doch über die letzten Monate, weiß ich jetzt, dass ich, egal wann, nach Potch kommen kann und immer das Gleiche finden werde. Nämlich das, was ich zurückgelassen habe. Gute Freunde, Erinnerungen an tolle Zeiten und vor allem Kinder und Menschen, die Dinge zu schätzen wissen, über die wir uns nicht einmal Sorgen machen müssen. Aber anstatt mich danach zu sehnen diese Dinge zu mir zurückzuholen, kann ich mir jetzt sicher sein, dass jenes da unten besser aufgehoben ist als hier oben.


Keine Beschwerden, wunderbare Zeit, 
Dinge gelernt, Dinge verpasst,
am Ende alles richtig gemacht.


Random Notes: 
- Da lese ich doch gerade, dass Nilpferde gar nicht die gefährlichsten Tiere in Afrika sind ... sondern Taxifahrer

- Rent-a-Car Statistiken: Lucy vs Jay
  • Probleme mit dem untertourigen Motor: 8:8 (Rückspiel ist noch nicht terminiert)
  • vom Blitzer beim Rasen erwischt worden: 3:0 (da hatte ich als Beifahrer ausnahmsweise Spaß)

- manche Südafrikaner haben bei Ästhetik von Urlaubsbildern einen anderen Sinn als Europäer
Die Container-Insel im Hintergrund.
Absicht oder nicht?!

- Wenn man nach Perfektion strebt, ist das Lehramt nicht der richtige Weg, das Gesuchte zu erreichen

- Best quote of the holidays, courtesy of a teacher from our school: "Yeah, we are sorry for Apartheid and it was a really bad thing. But I'd rather go shopping in China Mall than going to the Apartheid museum... Sorry."

- Flugtipp: Bei einer Reise mit einem A380 von Johannesburg nach Frankfurt, 4 Stunden vor Abflug einchecken. Könnte sein, dass man in die neue Premium Economy upgegraded wird und den Flug neben einer, wie ein Loch trinkenden aber durchaus attraktiven Französin landet bzw. sitzt - wobei landet passt auch ganz gut, wenn man länger drüber nachdenkt.

- Zerstöre-eine-Tür Statistik: Lucy vs Jay 0:2 (bis heute ist es mir nicht zu erklären, warum ich es geschafft habe, gleich zwei Türen im Urlaub unbenutzbar zu machen)

- Das ambivalente Duell zu Schalke gegen Dortmund endet in Südafrika mit einem 0:0 Unentschieden. Meine Orlando Pirates können gegen die gehassten Kaizer Chiefs im Soweto Derby keine Überraschungsmomente setzen. Diese Momente bleiben den Besuchern des Public Viewings in Ikageng überlassen. Sie sehen und hören später im Radio, dass zwei Weiße Besucher ebenfalls vor den drei Leinwänden saßen.

- Autoren-Pick: Die Bücher von Carlos Ruiz Zafón sind, auf egal welcher Sprache, ein wahrer Genuss.

- Es gibt immer wieder Zeichen im Alltag, die einem ein Grinsen ins Gesicht zaubern. Beispiel dieses Bild mit dem Titel "Apartheid ist zu Ende"


- Aus sicheren Quellen habe ich gehört, dass einige Leser nur die "Random Notes" meiner Blogs lesen. Dies ist eine Nachricht an diese Personen:

Danke, dass ihr wenigstens Teile meiner, in schwerer Kleinstarbeit zusammengeschusterten, Einträge zu schätzen wisst. Ich bin euch auch nicht böse oder so. Ich freue mich über jeden Leser.
Twitter-Feed-als-zu-textlastig-empfindend oder nicht! 




Der Autor und seine Verleger bei Verhandlungsgesprächen