Mittwoch, 9. Februar 2022

Bücher, die ich niemals schrieb #0 - Erklärungsversuche

"Man will immer das, was man nicht hat", sagte schon einst Elon Musk... oder Mandela, oder Trump oder Joe Rogan oder welche Person auch immer für Zitate im Netz herangezogen werden möchte oder wird. Diesen Leitsatz habe ich (Redakteur für Wirtschaft und Finanzen in einem Fachverlag eines einigermaßen bekannten Mediums) natürlich verinnerlicht. Wer auch immer nun in letzter Instanz dafür verantwortlich ist, dass es diesen Satz gibt. Und so schreibe ich zwar tolle Artikel über Unternehmerinnen und Unternehmer, Investorinnen und Investoren, Nachfolgerinnen und Nachfolger, aber im Innern meines Herzens fehlt mir etwas. 

Ich will nämlich das, was ich nicht haben kann. Ich will etwas schreiben, das mehr Gehalt hat als ein normaler, schnöder Artikel in einem Magazin oder ein läppischer Blog-Post wie dieser einer ist. Ich will mehr als bei der VG-Wort lediglich einstellige Formseiten anzumelden. Ich will mehr Seiten, mehr Zeichen, mehr Inhalt, mehr erzählerische Seitenschauplätze, verlorene Sätze, mehr. 

Kurz gesagt: Ich will ein Buch schreiben. Ach, Quatsch. Bücher. Ganze Bibliotheken. Jetzt ist die Zeit eines Redakteurs natürlich begrenzt. Aber Elon sagt, man hat immer Zeit für seine Leidenschaft. Okay, fair Elon, das stimmt. Also gut anders gesagt: Mir fehlt nicht die Zeit, sondern die kreative Energie. Die wird nämlich von diesem Fachverlag, von dem ich sprach, regelmäßig zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang souverän abgerufen. Ein Bündel an Knochen und Haut stampft dann kreativlos aus dem Büro oder Home Office. Drain the swamp. Kreativität weg. 

Somit kann ich keine Bücher schreiben. Mist. Weil kündigen nicht in Frage kommt, denn ich muss meinen überaus monetär fordernden Lifestyle finanzieren, muss ich mir was anderes überlegen und seit Jahren habe ich diese geniale Idee, die sonst noch keiner hatte (©): Ich schreibe einfach Klappentexte zu Titeln, die eines Buches von mir würdig wären

Karl Robert Langewiesche hat den Klappentext wohl erfunden und das mache ich mir zunutze. 

In der Rubrik "Bücher, die ich niemals schrieb" folgend also nun in unregelmäßigen Abständen Klappentexte zu Büchern, die ich natürlich locker hätte publizieren können, aber mir die Energie dazu fehlte. Und wenn ihr fleißig liked und kommentiert, vielleicht erscheint ja mal eines dieser Bücher wirklich. Die Rezensionen und Vorwörter dürfen dann sogar andere schreiben. Versprochen


Donnerstag, 25. April 2019

kunst


konstant und doch verschieden 

global und doch lokal 

lügt nicht, betrügt nicht 

zeit



Sonntag, 3. Juni 2018

For the Single Riders

Wieder einen Schritt nach vorne. Einen Babyschritt, um genau zu sein. Pinguin ähnlich marschiert die Masse vorwärts. Seit über zehn Minuten starrt sie nach oben auf den immer gleichen Bildschirm. Dieser erklärt, wie man sich verhalten soll, falls das Ziel irgendwann erreicht wird. Immer in Zweierpärchen in die ausgewiesenen Reihen, lose Objekte wie Brillen sichern oder abnehmen, Handys aus den Taschen, Gurt eng festschnallen – der Park übernimmt kein Gewähr für Verlorenes.

„Wenn man immer zu zweit sitzen soll, wer sitzt dann neben Papa?“, fragt ein offensichtliches Einzelkind in der Schlange seine Erziehungsberechtigten. „Irgendwo kriegen die schon einen her“, lautet die barsche Antwort. Über 30 Minuten Wartezeit für nur 90 Sekunden Spaß? Eine Gleichung, die an der guten Laune nagt.

Generation achterbahnunfähig 


Auch ich stehe eines schönen Tages im Europapark in der Wartschlange eines blauen Fahrgeschäfts, dessen Namen ich aus werbetechnischen Gründen nicht nennen darf und will. Nach moderater Zeit in der Masse treffe ich auf den Einweiser. Da stimmt doch etwas nicht. Er schaut mich verdutzt an und ich ahne – dank dem Einweisungsvideo auf den Monitoren – meinen Fehler. Ich bin ungerade. Ich bin das einzige Rad am Wagen. Ich bringe das Universum der Zweierreihen komplett aus den Fugen. Trotzig stand ich in der Masse und hoffte, – wie so oft – dass der Zufall mir einen Seelenverwandten vor die Nase setzt. Passiert nicht. Unbehagen macht sich breit. Soll es durch mein Unvermögen einen Partner aufzutreiben etwa dazu kommen, dass die Achterbahn nicht ausbalanciert ist und die Fahrt gecancelt werden muss? Bringt mein chronisches Singledarsein den Spaß der anderen in Gefahr. Generation achterbahnunfähig?

„Reihe fünf, bitte!“ Reihe fünf? Darf ich doch mitfahren? Hinter und vor mir standen keine weiteren Ungeraden. Das hatte ich während der Wartezeit schon analysiert und stand dennoch voller Hoffnung und Eigensinn weiter an. Ein Wunder? Ja, der Einweiser zaubert mir aus dem Nichts eine Partnerin. Diese hilft mir bei all den Dingen, die ich aufgrund meiner Nervosität den anderen den Spaß zu verderben, vom Einweisungsvideo vergessen habe. Handy hier, Gurt da und nach dem zweiten Looping kommt die Merchandise-Fotokamera auf der linken Seite. Reinschauen und einen Move machen. Kommt gut.

Wer ist diese Proette? Diese Heldin, die aus dem Nichts meine Achterbahnfahrt rettet? Zum Small Talk bleibt keine Zeit. 90 Sekunden im Flug und voller Spaß. Danach bin ich glücklicher als jemals zuvor... im Europapark! Als ich nach der Fahrt meine Gedanken halbwegs geordnet habe, will ich mich bei der Heldin erkundigen, ob es wehtat als sie vom Achterbahnhimmel fiel. Die aber ist schon wieder auf dem Sprung. Wohl einen weiteren Verfehlten retten. Ich haste ihr hinterher, aber der Fischburger von vorher an der Ecke tut mir nicht gut. Krämpfe. Völlig außer Atem vernehme ich nur noch ihr wehendes Haar, das in einem Geheimgang mit der Aufschrift „Single Rider“ verschwindet. 


Im Verborgenen 


So startet mein Anankasmus für Single Rider. Aufgrund des Wassertierschmauses brauche ich einige Zeit bis ich mich selbst in den Geheimgang wage. Ohne Recherche und nur auf meine Intuition vertrauend, dass ich ebenfalls Leute vor dem retten kann, was mir Minuten zuvor selbst blühte. Die erste Eigenart, die mir auffällt ist, dass der Single Rider wahrlich eine rare Spezies zu sein scheint. Statt der halben Stunde, die man auf der anderen Seite warten muss, geht es hier fix. Fünf Minuten später bin ich wieder an Bord und komplettierte eine Dreier-Gruppe – Vater, Tochter, Mutter. Im Fachjargon nennen Single Rider das „Pauschalies“. 90 Sekunden und eine Nick-Young-Game-Winner-gegen-Spurs-Pose für die Merch-Kamera später ist mir der Mitfahrer allerdings überhaupt nicht dankbar für mein Beisein. Keinen Dank für die Fahrt. Keinen Dank fürs Balancieren. Nicht eines Blickes würdigt er seinen Single Rider, der ihm hier im Grunde alles ermöglicht.

Mir wird schalgartig klar, warum es so wenig Single Rider gibt. Man hat kein Team, das dich zum erneuten Fahrvergnügen motiviert. Man hat keinen, mit dem man Erfahrungen teilt. Man bekommt keinen Ruhm, wie die Gruppen, die Fotos von sich in coolen Posen kaufen und diese auf diversen sozialen Medien posten. Man gehört schlicht nicht dazu. Klare Abstriche, die das Heldentum mit sich bringt.

Nur wenige Eingeweihte 


Fernab vom Mainstream-Media-Sumpf tut der Single Rider Gutes ohne groß beachtet zu werden. Ich bin einer der wenigen Eingeweihten, denen das klar wurde, weil ich am Anfang alleine unterwegs war. Ich war der Auserwählte, dem auffällt, dass es diese vergessenen Helden überhaupt gibt. Gruppen, die in ungeraden Zahlen fahren, machen sich nämlich nicht viel aus dem vierten, sechsten oder was der geraden Zahlen mehr sind im Bunde. Er ist einfach da und wieder weg. Man braucht ihn nicht, um in Erinnerungen zu schwelgen. Dafür hat man die Gemeinschaft der eigenen Reisegruppe.

Nach weiteren Fahrten bin ich in unserer illustren Gruppe angekommen und kann sagen: Single Rider untereinander respektieren sich logischerweise für die Opfer, die sie bringen. Der Einweiser an der Schranke weiß ebenfalls um die Bürde unserer kleinen Belegschaft. Ein kleines Zwinkern hier, ein Kopfnicken da. Bei den restlichen Besuchern – Pauschalies, Junkies, Noobies, Girlies oder wer auch immer – geht die Relevanz der Alleinfahrer schlicht unter.

Die geringe Wertschätzung der anderen Gäste hält mich in meiner Mission den Roller-Coaster-Kosmos in Balance zu halten nicht ab. So fahre ich unzählige Male überall da, wo es gerade Reihen gibt. Ich kann die Namen aller Fahrgeschäfte, die ich ansteuerte, gar nicht mehr nennen so viel bin ich unterwegs. Stundenlang fahre ich zwar ruhmlos, aber leiste meinen großmütigen Teil. Unerkannt, still und leise. Danach mache ich mich auf den Weg zu unserem F.A.Z.-Fachverlag-Company-Event, für das ich eigentlich hier im Park bin und auf dem ich arbeiten muss. Ausgelaugt von meiner Tätigkeit als Single Rider moderiere ich meinen Panel unglaublich schlecht. In unserer WhatsApp-Gruppe posten tags darauf die Kollegen ein Bild von ihrer Achterbahnfahrt. Nebeneinander, in trauter Zweisamkeit. Virtueller Jubel über die heroische Fahrt brandet auf dem Bildschirm meines Handys auf. Ich kommentiere nicht. Tröste mich aber damit: Sie hatten lediglich Zeit eine Fahrt zu machen.



Samstag, 10. Februar 2018

Monday Night Super Bowl

Als Vollzeitarbeitnehmer muss man einige bittere Pillen schlucken. Schlimmer noch als unter der Dusche stetig zu heulen oder konstante Augenringe durch Schlafmangel ist das, was mir am Montag blühte. Das größte Sportevent des Jahres stieg in den unvereinigten Staaten. Worin man sich dort – trotz politischer Gräben, die größer sind als das Venture Capital Portfolio der Vorwerk Direct Selling Ventures GmbH – allerdings einig ist: der Super Bowl muss zu amerikanischer Primetime laufen. Da schaut der europäische Absatzmarkt schockiert in die Röhre, denn die Sendezeiten sind für gewöhnliche Arbeitnehmer nicht zu realisieren. Für einen Tag Urlaub nehmen, bin ich zu schwäbisch. Um das Ergebnis am nächsten Morgen schlicht im Internet zu lesen, bin ich zu sehr Sportfanatiker. Die logische Konsequenz daraus ist, dass ich – frei nach HIMYM, Staffel 2, Folge 14 – versuchen werde die Schlacht zwischen Patriots und Eagles am Abend danach im Re-Live zu genießen. Die offensichtliche Problemstellung: ich arbeite als Journalist und bin borderline handysüchtig/medienaffin. Ein Spießroutenlauf in vier Akten.

Akt 1: Der Weg zur Arbeit 


Die Kopfhörer, die mir im Verlauf der Woche kaputtgegangen sind, funktionieren zum Glück am Montag noch und sollen mich im ersten Teil dieser Odyssee von sportlichem Straßenbahn-Talk fernhalten. Eine allzu berechtige Angst, da hinter mir in der 7 zwei Jugendliche komische Andeutungen von Wurfbewegungen ausführen, die auf passende Wide Receiver schließen lassen. Ich stiere aus dem Fenster und hoffe keine vorbeifahrende, randalierende Fangruppe zu erkennen. Den Umstieg auf eine andere Bahnlinie, die mich direkt zum Friesenplatz bringen könnte, verweigere ich. Beim Wechsel der Plattformen müsste ich an sage und schreibe drei Info-Videoscreens vorbei. Jetzt ist T-Mobile nicht wirklich als American Football Verfechter bekannt, aber an diesem Tag gilt für mich „jedes noch so kleine Risiko ist ein Risiko zu viel“.

Mit diesem Mantra im Kopf wähle ich auf der Suche nach Frühstück auch nicht Hipsterschuppen Coffee Fellows. Ein random offline Bäcker soll es sein. Diesen betritt zusammen mit mir die schönste Frau der Welt. „Hoffentlich spricht die jetzt nicht gleich über Football“, denke ich zum ersten Mal in meinem Leben. Tut sie nicht, wobei sich herausstellt, dass sie an diesem Montagmorgen auch rhetorisch nicht auf der Höhe ist, um hier Akzente zu setzen. Endlich erblicke ich im Nebel den Dom, der majestätisch auf die Friesenstraße blickt, wie Fletcher Cox nach einem Tackle den Gegenspieler beäugt.

Akt 2: Small Talk Issues 


Im Büro angekommen setze ich alles auf eine Karte: Ehrlichkeit. Ich erkläre meine missliche Lage und erhoffe Verständnis, dass ich weder mein Handy aus dem Offline-Modus verfrachten kann noch die F.A.Z.-Startseite besuchen darf. Genehmigt. Es stellt sich allerdings heraus, dass die Eltern meiner Chefredakteurin aus Boston kommen. Schock! Sie interessiere sich aber nicht für Football, sondern für Baseball. Glück! Dafür setzt es von der anderen Redakteurin einen gehörigen Schuss in Richtung Spoiler. „Ich weiß, wer heult“, süffisiert sie mit Blick auf ihren Bildschirm, der wohl in der Lage ist Nachrichten anzuzeigen.

Schock! In meinem Kopf spielen sich in diesem Moment tausend Gedankengänge gleichzeitig ab: Sie studierte Kunst und Musik hat dadurch auf den ersten Blick keine Ahnung von Sport. #feminism Im Stadion sind 67.612 Zuschauer plus Mannschaften und Medienvertreter. Alle hätten theoretisch nach der letzten Aktion des Spiels einen Grund zum Heulen. Wer unter diesen ist aber meiner Kollegin bekannt? Es kann nur Gisele Bündchen sein. Schock! Aber Mooooooment: Frau Bündchen, in ihrer Rolle als Ehefrau des wichtigsten Spielers auf dem Feld, ist einem solchen Druck ausgesetzt, dass sie egal wie es ausgeht heulen wird. Entweder ist ihr Herzensgatte ohne Debatte der größte Spieler aller Zeiten oder er hat sich eine unfassbar schmerzhafte Niederlage geleistet. Glück!

Akt 3: Ein Journalist, der nichts wissen will 


Wer nun denkt, dass durch diese Analyse mein Arbeitstag einfacher werden würde, der irrt. Zwar können meine Kolleginnen mir nichts anhaben, außer sie sagen stumpf das Ergebnis. Falls dies passieren würde, könnten die sich einen neuen Volontär suchen. (jaja, lernt halt selbst, wie man Typo3 bedient). Meiner Drohung zum Trotz kommen weitere Herausforderungen auf mich zu. Ich habe einen Termin mit Bertram Kandziora. Der ist seit 2005 Vorstandsvorsitzender der Firma Stihl. Die schwäbische Kommanditgesellschaft, aus der sich die Familie zwar operativ zurückgezogen hat, aber weiterhin in der Holding vertreten ist, unterstützt uramerikanische Dinge wie die Timbersports WM als Hauptsponsor. „Hoffentlich redet mein Interviewpartner nicht über Sport“, denke ich zum ersten Mal in meinem Leben. Er tut es nicht. Glück!

Der letzte Schock des dritten Akts ist mein unfreiwilliger Besuch auf einer Internetplattform, die sich facebook schimpft. Zur Erstellung eines Internetartikels ist es leider durchaus nötig, auf Bildmaterial zurückzugreifen, das sich nicht im Archiv des F.A.Z.-Fachverlags befindet. Unfassbare Fortuna, dass in meinem Feed bei der Suche nach einem Bild von irgendeiner Familienstiftung kein Pigskin durch die Gegend fliegt. Ganz knapp am Ergebnis vorbeigeschrammt.

Akt 4: Take it to the house 


Von einem Zwischenerfolg nach 8 Stunden Arbeitstag zu sprechen ist Kokolores. Heute zählt nur Ertrag auf ganzer Ebene und gleichbedeutend kein ergebnisreiches Straucheln auf dem Heimweg. Die musikalische Unterstützung dafür ist gesichert, da mein Handy im Offline-Modus den Tag über wahrhaftig drei Prozentpunkte Batterieleistung aufgegeben hat. Wieder spare ich mir den Gang zur U-Bahn und laufe die eine Haltestelle weiter statt mich Monitoren auszusetzten, die Neuigkeiten anzeigen.

Der Rückweg, so sehr man ihn im Vergleich zur journalistischen Tagesarbeit auch autistisch in Mr. Robot Manier gestalten kann (die dritte Staffel ist zudem sehr empfehlenswert), ist nicht zu unterschätzen. Jetzt sind nämlich die Leute unterwegs, die heute Morgen zu müde waren einen random offline Bäcker zu besuchen, da sie das Spiel der Spiele live verfolgt haben. Wer ist nicht schon einmal an einem Hipster-Patriot-Fan vorbeigelaufen? Die gibt’s leider allmählich in der Domstadt. Und diese Spezies trägt die Mütze „meines Vereins“ wissentlich an stolzen Tagen der Franchise. Also wenn, dann heute.

Seit meinem Eintritt in die Welt der Ganztagsarbeitenden war ich noch nie so froh den Schlüssel doppelt umzudrehen und im Flur zu stehen. Die verschlossene Türe eliminiert nämlich die letzte Hürde, die einen schlaflose Nächte kosten kann: Mitbewohner*innen. Überglücklich realisiere ich, welchen Preis ich hier gewonnen habe. Er ist größer als die Vince Lombardi Trophy. Ich habe gegen die gesamte Gesellschaft gewonnen! In einer Zeit, die schnelllebiger ist als je zuvor, stemmte ich mich gegen Nachrichtenzyklen, Videoleinwände, Small Talk und was der Gegner mehr sein können. Klar, ein offline Leben ist möglich, macht aber paranoid. Ich habe 58 Nachrichten verpasst und einige Mails und einen Haufen Instagram-Bilder. Ehrliches Resümee: Nichts davon war lebenswichtig. Ein Fazit aus der Glasfaserkabel-Hölle.


Zum Spiel werde ich mich hier nicht äußern. Das muss man selbst gesehen haben. Am besten, wenn man nicht weiß, wie es ausgeht.


Montag, 15. Januar 2018

die fünf - beim asiaten

Es gibt manche Dinge, die kann man gut mit einem Text beschreiben. Beispielsweise wie Familienunternehmen der Saisonalität begegnen oder warum ein Betrieb in einer gewissen Rechtsform firmiert. Dann gibt es Dinge, die muss man mit einem Bild festhalten. In den Sinn kommt ein krachender Punch eines Boxers oder die futuristische Außenarchitektur eines Gebäudes. Und dann gibt es Dinge, die unabdingbar in eine Auflistung müssen, dadurch Klicks generieren und polarisieren. Ein Ranking hat immer etwas Angreifbares und Disruptives. Da ich zu faul bin – und mich zudem nicht in den Mainstream einordne – gibt es im Gegensatz zu allen anderen Qualitätsmedien hier nur die Hälfte und keine Top-10. 


Thema heute: Warum hängt immer ein Clochard im asiatischen Schnell-Restaurant rum?


fünf-eins: Nahrung 

Die erste Möglichkeit, die ich darstellen muss, ist die offensichtlichste. Wir teilen den Zweck des Besuches. Der Bauch knurrt, der Mund ist wässrig, das Gemüt sinkt. Über dem Verhältnis von Preis Leistung hängt zwar der Vorhang der Verschwiegenheit, aber es muss durchaus in Betracht gezogen werden, dass wir beide nur nach Soja lechzen. Die Speisekarte ist üppig besetzt. Es findet sich etwas für jeden Geschmack. Ob Soja von der Sorte Merlin, die eine überragende Toleranz für Kälte besitzt, über Gallec, die in der Abreife geringfügig später kommt als ihr Vorgänger, bis hin zu Amadine, die als einzige Sorte in Niedersachsen für den Speiseanbau freigegeben wurde. Da freut sich der innere Unkrautunterdrücker. Ist der Magen vollgeschlagen, ziehen wir beide weiter. Er immer ein Sojastücken Zeit später und beim nächsten Mal wieder leicht verfrüht, aber semantisch auf der selben Ebene. 

fünf-zwei: Mauerbrause 

Hier wird erlaubt sein kurz auf Preis-Leistung einzugehen. Zwar ist es im kulinarischen Rehgarten-Tempel um die Ecke nicht so billig wie im Kiosk. Man braucht allerdings nicht unbedingt Goldenes aus der Geldbörse zu zaubern, um den stabilen Bierdurst zu stillen. Die wohl trainierte Kehle findet im fernöstlichen Etablissement darüber hinaus global wertvollere Geschmacksrichtungen als anderswo. Die Stichwörter lassen einem das Kölsch in den Adern gefrieren: Tsingtao, Yanjing oder der gute alte Klassiker Lucky Buddha. Ist es nicht schön sich andere Kulturen einzuverleiben und das nicht nur beim Joghurt? 

fünf-drei: Politisches 

Demokratie kann etwas schrecklich Beunruhigendes mit sich bringen – Freiheit. Wir bleiben im gleichen Kulturkreis wie unser Essen für dieses Beispiel: Die chinesischen Lakaien von Präsident Xi nutzen die Wahl von Trump als Argument dafür, dass Demokratie ja gar nicht funktioniere. Versierte Systemkritiker werden einwerfen, dass die USundA ja gar keine Demokratie haben, sondern eine Mischung aus extrem veralteten Institutionen und Oligarchie. Möchte ich jetzt nicht näher darauf eingehen, ansonsten kommen wir nie zu fünf-vier. In Zeiten von #meToo und Dauersondieren flehen womöglich deutsche Bürger nach mehr Stabilität, Planbarkeit und einer starken Führung. Ein paar Stückchen Mauerbrause drüber, könnte man wahrlich auf die Idee kommen das alles in einem Restaurant zu finden. Nur schlecht, wenn die Gastgeber dann aus Kambodscha kommen. 

fünf-vier: Therapie 

Die schnelllebige Zeit nagt nicht nur an der Stabilität des Rückens unserer Gesellschaft. Laut des Münchener Instituts für lösungsorientiertes Denken (ein Name, der dem Google-Algorithmus nicht gerecht werden kann) erleben 20% aller Berufstätigen Burnout-ähnliche Phasen. Der Kleinhäusler an sich hat während seines Tagesablaufs ebenfalls Arbeit-ähnliche Phasen zu überstehen. Da kann es gut sein, dass die Psyche angekratzt ist wie die Frontschürze von Uwe Gries aus Petersberg bei Fulda. Abhilfe kann ein Seelenklempner schaffen. Dafür braucht es allerdings meist monetäre Mittel, die nicht in der gesamten Bevölkerungsschicht vorhanden sind. Kein Teil der Top 1% und trotzdem einen Zuhörer nötig, der kaum Zwischenfragen stellt und Höflichkeit im Nachnamen stehen hat? Wait no more! Kundenservice und Verschwiegenheit wird im chinesischen Restaurant um die Ecke überaus groß geschrieben. 

unentschieden: Zufall 

Wir hinterfragen: Sind meine vereinzelten Besuche überhaupt wissenschaftlich haltbar? Vielleicht sogar frei von der Philosophie des akademischen Arbeitens. Die Frage: Was können wir beweisen? Hier heißt es Selbstreflexion und Methodenkritik. Ich kann es nicht beweisen, dass immer eine Person beim fernöstlichen Verköstigungsstand meines Vertrauens lauert, da fehlen mir die forschungstechnischen Mittel. Im Makrokosmos flinke Pfanne gilt ohne Zweifel Schrödingers Theorieansatz. Der Vagabund kann nur gefunden oder nicht gefunden werden, wenn man in die flinke Pfanne hineinschaut. Im aktuellen Verlauf der Studie ist dies dauerhaft unmöglich. Zwar sind meine Arbeitsweisen dahingehend methodisch abgesichert, dass ich sie als qualitativ beschreibe. Mein Ziel ist es aber ein homogenes Ergebnis zu schaffen und deduktiv zu arbeiten. Bis ich soweit komme, muss ich wohl oder übel behaupten, dass die aktuellen Beobachtungen eine Form von Kontingenz sind.


Mittwoch, 9. August 2017

Früher war alles besser: Das Fliegen

„Das ist ein normales Prozedere, kein Problem!“ Unter den anwesenden Pauschal-Touris bricht trotz der Ansage des Hauptoffiziers leichte Panik aus. Die Boing 737 startet nur wenige Meter über der rettenden Landebahn wieder durch und erklimmt abermals die Lüfte über dem kanarischen Atlantik. Nach fünf Stunden inFlight-Werbung keine Eigenwerbung für den Flughafen in Arrecife, der – unter Meilensammlern bekannt– mit einem der schwersten Landeanflügen weltweit glänzt. Der Kapitän meldet sich zu Wort. Entgegen aller Filmklischees ist er kein Badass und landet Flugzeuge eben nicht nach der Prämisse: generell egal wie, Hauptsache unten (siehe Lost, Flight, Verschollen im Bermuda-Dreieck, Sully und was der Filme mehr sind). Die Windsituation sei nicht ausrechenbar genug, um sicher zu landen. Also, neuer Versuch.

Während sich der gegenwindgeprägte Flug also nochmals verlängert, denke ich über die Entwicklungen der Branche nach, die mich gerade in den Urlaub bringt. Billigairlines, Skandale rund um Overbooking, Streiks. Das Geschäft mit dem Jetten, so scheint es, ist zerrütteter denn je. Viele Dinge, die ich vor Jahren am Fliegen schätzte, fallen weg. Das fängt bei profanen Dingen wie der Grundversorgung an. Klingt nach Fake News ist aber wahr: ich habe mich früher auf die Verpflegung während diverser Mittelstreckenflüge gefreut. Ein bisschen Essen hier, ein bisschen Getränke da, dazu ein drittklassiger Film (Hart am Limit, Max und Moritz Reloaded, Im Dutzend billiger 2 und was der Filme mehr sind) ... da vergeht die Zeit wie im Flug.

Ohne die Airline, die mich am 06.08. um 13:35 Uhr von Schönefeld nach Lanzarote gebracht hat zu kritisieren, aber es verging hier nicht die Zeit wie im Flug. Kein Entertainment, Verpflegung zu Preisen, bei denen der gemeine Schwabe lieber trotzig verhungert, und Beinfreiheit wie im Überlandbus von Johannesburg nach Potchefstroom.

Apropos Schwabe. Das ist das einzige Argument für diesen Umschwung im Fliegermarkt: der Preis. Klar spart man heutzutage im Vergleich massiv. Der Flug vom Sonntag kostete mich ein Fünftel (Inflation nicht einberechnet) des Entgelts von früher. Aber wie irgendein Sportler irgendwann man bestimmt treffend sagte: „Es geht auch ums Feeling.“ Das ist meiner Meinung nach wegrationalisiert worden. Früher war Fliegen elitär, was Besonderes, spannend. Abseits von ein paar verirrten Normalos waren wir Kultivierten in der Luft unter uns. Wir tranken Tomatensaft und ergötzen uns am simplen Umstand, dass wir flogen und andere in Richtung irgendwelcher Seen in Bayern fuhren.

Das ist weg und kommt wohl so schnell nicht wieder. Insbesondere, wenn der Flug halt nicht die magische 6-Stunden Marke knackt, die irgendwie zwischen den neuen Normalos und meiner angestrebten Mitflieger-Gruppe steht. Damit muss ich mich wohl oder übel arrangieren. Auf dem Weg dahin eine Abschlussfrage: Und seit wann ist es wieder Brauchtum nach der Landung zu klatschen? Vor allem, wenn es erst beim zweiten Anlauf klappt ...

Sonntag, 16. Juli 2017

In den Untiefen des Word-Wide-Web: Eine Quelle gefällig?

Der Narzisst an sich ist ja kein Unmensch. Der Journalist auch nicht. Was beide eint ist, dass sie sehr auf ihr Erscheinungsbild achten. Der eine im Spiegel (also dem Reflektor, nicht des Magazins) und der andere im Internet. Selbstkontrolle ist ein weiteres Stichwort, das verbindet. Da hilft ein alter Apparat im Internet: die Suchmaschine. Was sich dort bei Zeiten auftut ist faszinierend. Zwei Fallstudien.

Der allwissende Prakti

Allzu oft hört man, dass Praktikanten bei Zeitungen oder in Online-Redaktionen zu wenig Verantwortung zugesprochen bekommen. Die etablierten Redakteure lassen der Kreativität ihrer Schützlinge wenig Lauf. Nicht aber beim Qualitätsblatt aus Ulm. Dort darf man gleich an die großen Fische ran. Zu seiner Zeit – wenige Leute werden sich im Trump-Hype der letzten Wochen an die andere große globale Debatte erinnern – wurde ich innerhalb einer Stunde zum Experten für Welthandel. Jenes Abkommen mit dem Namen TTIP stand in seiner 51290. Verhandlungsrunde und die werten Leser der Presse im Südwesten Deutschland warteten nur auf einen ganz einfachen Artikel, der die Vor- und Nachteile (es gibt tatsächlich Nachteile? Whaaaat?) nüchtern analysiert.

Jetzt ist das Internet bekanntlich eine öffentliche Plattform. Ich zitiere meine Lieblingsbachelorarbeit: „Ein Medium wie die Zeitung richtet sich generell an jeden. Die produzierten Inhalte der Journalisten und Redaktionen sind öffentlich. Jeder Artikel, jedes Foto und jeder Kommentar kann von Rezipienten konsumiert werden“(Sill nach Claudia Mast, „ABC des Journalismus“, Konstanz: UKV, 2004, S.50).

Warum die Munich Business School den Artikel „TTIP - Das Freihandelsabkommen schnell und einfach erklärt“ aber so gut fand, dass er dort zitiert wurde, bleibt schleierhaft. Das Fazit liest sich dennoch fantastisch: Ich bin eine wissenschaftliche Quelle in einem Text von Prof. Dr. Heiko Seif und Prof. Dr. Wolfgang Zirus. Unfassbar! Shoutout an die beiden. Ganz große Arbeit.

Abbildung 1: TTIP-Eine faktenbasierte Analyse (nach Zirus/Seif in Munich Business School, 2016; Zugriff 16.07.2017 auf munich-business-school.de)



Der kickende Ami

Der Magdeburger an sich tut sich ein bisschen schwer mit dem Englischen. Da ist die Presselandschaft leicht aufgeschmissen, wenn ein wurfgewaltiger Amerikaner im Heimatverein spielt. Man hat nicht nur mit dem Interagieren Probleme. Nein, es hapert auch am Vermögen einen Wikipedia-Artikel über den neuen Liebling zu schreiben.

Gut, dass es da Abhilfe gibt. Die beste Sportwebseite der Stadt hat nämlich seiner Zeit einen der fähigsten Schreiberlinge darauf angesetzt, den sympathischen Fußball-Allrounder mal ordentlich zu stalken. Unter dem Titel „Ryan Malone: Der große Unbekannte“ analysierte ich, was das Internet über den Ami hergab. Alte Artikel der College-Webseite, Statistiken aus den verschiedenen Sportligen der USA und was der Quellen mehr sind. Der Verfasser des Wiki-Artikels hatte da weniger Mühe und zitierte einfach mich. 

Fazit: Auch in den ewigen Weiten der Online-Enzyklopädien (danke Autokorrektur – kein Plan, wie man das schreibt) habe ich meinen Platz gefunden.

Zum Abschluss eine ganz geschickte Überleitung: Liebe Redaktionen, ich bin wissenschaftliche Quelle. Das wiegt doch sicher mehr als jede Schriftprobe. #pickme


Donnerstag, 1. Juni 2017

Der innere Trump – Ein Bachelorverweigerungstext

Orange, wahnsinnig, ansteckend: der neue Präsident der vereinigten Staaten. Er brabbelt, lügt und polarisiert. Er zieht Leute entweder in seinen Bann oder stößt sie ab. Das macht Donald Trump so gefährlich. Insbesondere, wenn man sich über Wochen hinweg mit ihm beschäftigt beziehungsweise beschäftigen muss. Auch im Journalismus – kurioser Weise die Kunst klar, deutlich und verständlich zu formulieren – kommt man nämlich um eine wissenschaftliche Arbeit nicht herum. Die Selbstfindung.

Ein Borderline-Narzisst sitzt stundenlang vor seinem Laptop. Er liest, tippt und hat hin und wieder das Verlangen Magdeburg great again zu machen.

Schon jemand über eine Mauer zwischen Halle und der Domstadt nachgedacht? Wohl kaum. Marktlücke! Die Republikaner in Sachsen-Anhalt stehen mit lächerlichen 252 Facebook-Gruppenmitgliedern schlechter da als die Haarpracht ihres bekanntesten Vertreters auf der anderen Seite des Ozeans. Die deutsche Community ist hingegen so tot, dass es nicht mal lustige Kommentare zu konsumieren gibt. Weak, low engery!

Da muss neuer Wind her. Als erstes braucht es einen Twitter-Kanal. Diesen nutzt Trump besser als jeder andere Politiker. Er befeuert Debatten oder stampft diese durch nichtbelegbare Aussagen einfach aus dem Boden. Nachdem der Borderline-Narzisst über Wochen hinweg die präsidialen Tweets verfolgt hat, ist die Entwicklung einer Strategie für die deutschen Republikaner billig. It’s gonna be so easy.

Weiterhin braucht es einen Endgegner. Eine Hassfigur. Den Gegenspieler. Hier ist die Wahl ebenfalls vergleichbar mit den Preisen bei primark. An der Spitze der Deutschland GmbH steht bekanntlich eine Frau. Das weckt ungeahnte Kraft bei jedem Trump-Fan. Merkel muss weg? So ein Quatsch…lock her up!!!

Um jene Frau dahin zu bekommen ist eine gewisse Schlagfertigkeit von Nöten. Diese ist – Debatten zeigten dies ein ums andere Mal – nicht von rhetorischer Natur. Weit gefehlt. Streitkräfte gehen weit über die Diskussionskultur hinaus. Zurück zur Wehrpflicht und zur Tradition. Da legt die Nebenpartei schon gut vor… aber das geht besser. Schon mal darüber nachgedacht, wie viele Arbeitsplätze die Implementierung einer militärischen Weltmacht schafft? Make Germany work again.

Seine Mitstreiter muss man sich trotz sozialer Medien erstmal aus dem lokalen Umfeld suchen. Dabei gilt es Unmögliches zu versprechen. Ein Beispiel hierfür wäre die Aussage: „Wenn die Republikaner Magdeburg einnehmen, wird das Gras im Elbauenpark durchgängig gemäht und die Wasseranlagen werden ausgefrischt. Drain the swamp.

Aus all diesen genannten Gründen sollte es möglich sein Trump-Mania auch in den Osten Deutschlands zu bringen. Die Ressourcen sind da. Der Experte – bald arbeitslos und frustriert, wie Trumps Wähler eben auch – ist bereit. Nur ein Zünglein an der Waage ist fraglich: Wer in Magdeburg übernimmt die Rolle der versagenden New York Times, die Trump kritisiert und so zum extraordinären Anti-Establishment-Kandidaten gemacht hat. Die Bild? Die Volksstimme? Der Penny-Mark-Prospekt? Das Unterfangen scheint doch komplizierter zu sein…um es mit den Worten des Vorbilds selbst zu sagen: „Ich dachte, es wäre leichter.

Sonntag, 30. April 2017

Latein für Arme #5 - Der Algorithmus-Abgesang

Wir befinden uns im Jahre 2017 n.Chr. Die gesamte Presselandschaft in Magdeburg ist von der Volksstimme besetzt... Ganz Magdeburg? Nein! Eine von unbeugsamen Studenten bevölkerte Website hört nicht auf, dem Imperium Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Volksstimmen-Legionäre, die als Besatzung in den befestigten Lagern Nachrichtum, Sportarium, Marktplatzanum und Kulturbonum liegen...


Nothackerix sitzt vor seinem Laptop und hat ein großes Problem. Die südfranzösische Sonne lodert ihm auf den wohltrainierten Bauch. Der Sonnenbrand steht ins Domus. Dabei sind die Aussichten für seine gelobte Internet-Präsenz alles andere als sonnig. Faulheit macht sich in der Traumstadt an der Elbe breit. Nicht nur die Kicker_innen auf dem grünen Rasen im Ernst-Häckel-Stadion (die Hitze macht auch dem Autor von Nothackerix‘ Abenteuern zu schaffen) … Bernd-Krügel-Kolosseum … Heinz-Ehrhard-Gedächtnisrund … MDCC-Arena (finitus) … Nicht nur die Kicker_innen auf dem grünen Rasen in der MDCC-Arena leiden an kapitaler SchaffensUNfreude. Online liegt eine der besten Webseiten der Welt ebenfalls brach. Die Taktik-Observare – im Ausland billig von Afrikanern produziert – half der Anzahl der Fans nicht über den berühmten #Berg. Seitdem dümpelt der ganze Stolz des sportlichen Studiengangs im mittleren Mittelmaß.

Motivierend wirken konnte nicht einmal ein gewisser Herr Zuckerberg. Dieser versuchte mit perfiden Taktiken die sterbende Webseite am Leben zu halten. Ohne neue Artikel verirrten sich dennoch mehr und mehr Hooligans_innen auf die Seite und drückten den Gefällt-Mir-Bulla. Das lässt drei Schlüsse zu:

  1. Der gemeine Hooligan hält wenig von Inhalten, schmückt sich aber dennoch damit 
  2. Senior Zuckerberg arbeitet in Algorithmus-Sphären, die kein normaler Bürger nachvollziehen kann 
  3. Eine aussagekräftige Tabelle braucht mindestens drei Punkte 
Die Folgen des Mittelmaßes sind weitreichend. Konkurrenz macht sich breit und die Presselandschaft scheint den Galliern auf den Kopf zu fallen. Seitensprünge von elbsport-Galliern sind nicht aufzuhalten. Klapphaltnix und Rhetorix schreiben seit Monaten für ein neues Magazin. Selbst Wochnix hat nun eigene Ideen. Damit hat er einen ebenfalls treuen Gallier abgeworben. Dieser will aus gewissen Gründen anonym bleiben.

In Gallierkreisen spricht man sogar mit Verbindungen zur Vox des Volkes. Bei der Vorstellung, dass seine Herrschaft dem Ende zugeht, schaudert Not-Hackerix trotz der kochenden Temperaturen im fernen Franconia. Was kann in so einer Not-Lage helfen? Etwa ein Not-Hacker_innen? Leider haben es die Studenten nicht so mit Java und HaTheÄhmEL (Wie viele Laute hat die deutsche Sprache eigentlich? ....jede Silbe einmal betonen und so).

Gedankenverloren kaut Nothackerix auf einem Stück Melone herum. Kein Sonderartikel zum Aufstieg, Tristesse im Handball und keine Motivation in Sicht. Die amerikanischen Enten fliegen in den französischen Abendhimmel. „Was für eine schmackhafte Melone“, denkt sich unser Held. Warum kann nicht jedes Thema so schmackhaft sein wie die aus dem fernen Trumpland importierte schwäbische Melone, die zu besten Zeiten_innen wahrscheinlich ziemlich weit einwerfen konnte?
Ein Gewitter zieht auf. Nothackerix dreht sich von der Melone weg und verschwindet im Dunkel seines prunkvoll eingerichteten Ferienhauses.

Das Leben eines studierenden Galliers scheint indes langweilig zu werden. Vor allem, weil eine von unbeugsamen Studenten bevölkerte Website in den Untiefen des Internets verschwindet. Hat das Imperium gewonnen? Wird es jemals wieder eine Hommage an die ehemals beste Sportwebsite der Welt geben?


Dienstag, 27. Dezember 2016

Poffertjes, Grünkohl, Sushi - Der Magdeburger Weihnachtsmarkt

„Licht an!“ Der riesige Tannenbaum erstrahlt plötzlich in einem gleißenden Gold. Dächer beginnen zu glitzern. Rollläden öffnen sich. Karusselle laufen an. Kinderaugen leuchten voller Vorfreude. Die Menge staunt. Bei der feierlichen Eröffnung des Magdeburger Weihnachtsmarkts gibt es viel zu sehen. Währenddessen atmet auf dem Rathausbalkon ein großer Mann mit kurzen, nach hinten gekämmten, schwarzen Haaren auf. Wochen voller Stress und Planung sind für ihn erst einmal vorbei. Der Magdeburger Marktplatz füllt sich vor seinen Augen endlich mit Leben und versorgt seine Besucher mit festlicher Weihnachtsstimmung.

Dabei ist Koordination seine Sache: Paul-Gerhard Stieger ist seit Jahren Veranstalter und Betreiber zweier Gastronomiebetriebe in Magdeburg. Geschäftsführer des Magdeburger Weihnachtsmarkts zu sein, ist aber etwas ganz Besonderes. Insbesondere die 14 Tage vor der Eröffnung haben es laut Stieger in sich. Standbetreiber müssen ihre Buden rechtzeitig und vor allem am richtigen Platz aufbauen. Reibereien um Standorte sind dementsprechend keine Seltenheit. Da muss der geborene Magdeburger nicht nur koordinieren, sondern auch Machtworte sprechen. Ausdauer, Fingerspitzengefühl und eine sympathische, herzliche Art sind der Schlüssel bei der Organisation.

Nachdem Bürgermeister Lutz Trümper mit seinen abschließenden Worten den Markt also offiziell eröffnet und das Licht anknipst, ist die Gefühlslage beim Betreiber entsprechend gelöst: „Jetzt fallen mir gerade ganz viel Steine hier vom Rathausbalkon runter.“ Die Verantwortung ist nämlich immens. Über 1,5 Millionen Besucher werden auf dem Rathausplatz erwartet. Für alle 150 Stände, die sich auf den Haupt- und Mittelaltermarkt verteilen, hat Stieger die Schirmherrschaft. Mit der Eröffnung ist seine Arbeit aber noch nicht getan. Zwar wird es für den Magdeburger deutlich ruhiger, dennoch gilt es das Marktgeschehen zu beobachten und weiter zu organisieren. Die Variable Natur kann ebenfalls zum Faktor werden: „Sturm oder Ähnliches bedeuten für uns dann auch wieder Arbeit.“ Zeit, über den Markt zu schlendern und vom Angebot zu kosten, findet sich natürlich. Da mag es Stieger altbewährt und isst mit Freude Poffertjes oder den „Magdeburger Klassiker“ Grünkohl.

Obwohl es der Geschäftsführer eher traditionell mag, können die Besucher rund um den alten Markt auch Exotisches entdecken. Zu finden gibt es vieles, unter anderem Spezialitäten aus Fernost im kulinarischen Mantel der Weihnachtszeit. „Sushi Santa“ heißt die Bude, die von Willi Wollenschläger ins Leben gerufen wurde. Der Besitzer des Sushi-Moon und sein Team überraschen auf dem Weihnachtsmarkt mit ihren ungewöhnlichen Sushi-Kreationen. Diese sind weit weg vom Klischee rund um rohes Fleisch und Fisch. „Wir wollten hier neue Ideen schaffen und den Weihnachtsmarkt auffrischen,“ sagt Wollenschläger. Deswegen gibt es bei ihm und seinen Kollegen Dinge wie frittiertes Hähnchen im Teigmantel oder die „Weihnachtsrolle“ mit diversen Obstfüllungen. Passend zu den kalten Temperaturen werden alle Sushi-Kreationen hier warm statt kalt serviert. Einige der Speisen sind sogar mit Zimt und Zucker verfeinert. Da kann trotz Sushi doch echte Weihnachtsstimmung aufkommen.

Noch bis zum 30. Dezember ist der Markt geöffnet und bietet nach den Feiertagen weiterhin buntes Programm. Auf der Bühne der Kaiser-Otto-Pfalz gibt es am 28. Dezember Flammenspiel und Feuerzauber mit „Soleil“. Das letzte offizielle Event ist dann einen Tag später die Kehraus-Party mit den Nonnen vom Mauritius-Kloster. 24 Stunden später knipst Paul-Gerhard Stieger dann auch das letzte Licht des Magdeburger Weihnachtsmarkts aus. Im Anschluss heißt es den Abbau zu koordinieren. Spielt ihm das Wetter keinen Streich, wird der Geschäftsführer auch das mit Bravour erledigen.